Agriterra-Erfahrung Thomas Welham: ,Man muss bereit sein, die eigenen Denkmuster zu ändern'

Kürzlich waren drei ForFarmers Kollegen in einer Agriterra-Mission unterwegs. Unter ihnen Thomas Welham, Marketingleiter Schweine, Geflügel und Spezialitäten. Er flog für eine Woche nach Äthiopien, um einer Genossenschaft zu vermitteln, wie eine Marketing- und Markenaufbaustrategie ihre Position am Markt verbessern kann.

Internationales Interesse

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„Ich habe mich schon immer für die internationale Agrarwirtschaft interessiert: im privaten Bereich, während meines Studiums (Master in Internationalem Agrarwissenschafts-Management) und in meiner Arbeit bei ForFarmers. Als ich von der Agriterra-Initiative bei ForFarmers hörte, dachte ich: Toll! Wenn ich irgendwo mit meinen Kenntnissen und Erfahrungen helfen kann, das wär‘ klasse.“

Genossenschaft

Thomas: „90 % des äthiopischen Bruttosozialprodukts macht die Agrarwirtschaft aus. Im südlichen Teil des Landes werden Mais und Weizen intensiv kultiviert. Auf der Reise konnte ich meine Agriterra-Kontaktperson zur Raya Wakena Farmers' Cooperative Union befragen. Dieser 2004 gegründete Genossenschaftsverband besteht aus neun Primärgenossenschaften in Südäthiopien. Der Verband hat 75 primärgenossenschaftliche Mitglieder und über 33.000 Landwirte als Einzelmitglieder. Sein Kerngeschäft besteht u.A. im Vertrieb von Düngemitteln und Saatgut, landwirtschaftlichen und maschinellen Dienstleistungen und Bereitstellung von Kreditdiensten für Mitglieder. Im Jahr 2016 erwarb der Verband ein Weizenmehlwerk, wo er qualitativ hochwertiges Weizenmehl herstellt. Nun möchte er die Kapazität dieser Weizenmehlfabrik durch Umsatzsteigerungen erhöhen.“

Marketing-Umfrage

Für die nächsten Tage waren Gespräche mit Kunden, Landwirten, Mehlhändlern und Verbrauchern in den Gemeinden geplant. „Meine Aufgabe bestand darin, eine Marketing- und Markenaufbaustrategie mit Fokus auf das Weizenmehlgeschäft zu konzipieren. In meiner kurzen Vorbereitungszeit für diese Reise entwarf ich eine Marketing-Kundenumfrage mit grundsätzlichen Fragen wie: Was sind die wichtigsten Kaufgründe? Welchen Einfluss hat die Entfernung von den Fabriken? Was kann der Verband verbessern? Und kennen Sie die Raya-Wakena-,Marke' und ihre Merkmale? Usw.“

Auf Basis der Erkenntnisse beim Verband am ersten Tag und der Volumina, die er an die einzelnen Gemeinden verkauft, wählte Thomas zusammen mit seiner Agriterra-Kontaktperson Kunden aus, um sie für die gemeinsame Studie zu besuchen. „Diese Befragungen boten mir die Chance, mit vielen Menschen ins Gespräch zu kommen und von ihren Sorgen und Nöten zu erfahren. Der Verband selbst wusste nicht genau, was seine Kunden dachten. So war diese Erfahrung für ihn sehr erhellend.“

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‚Mundpropaganda‘

Der Großteil des Absatzes findet durch ‚Mundpropaganda‘ statt; viele der Händler haben von der Marke nur auf Umwegen erfahren. Thomas schildert: „Marketing war bei Raya Wakena weitestgehend nicht vorhanden. Der Verband weiß aber, wie er sein Produkt im Tagesgeschäft herausstellen muss, und er produziert sehr hochwertiges Mehl. Das Problem ist, dass er den Menschen nicht erzählt, wie gut es wirklich ist. Die Kunden wissen nicht, was dieser Verband macht. Dazu kommt, dass der Markt gesättigt ist, und die Konkurrenz durch privatwirtschaftliche Unternehmen, die von privaten Investitionen profitieren und ihrerseits ein rudimentäres Marketing haben, groß ist."

Schnell und langsam denken

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Das hieß also: Marketingberatung für eine Firma, die nicht gewohnt ist, Marketing zu machen. Wie lautete dein Rat? Thomas: „Die Herausforderung bestand darin, den Rat einfach zu halten, damit er leicht umsetzbar ist. Zum Beispiel: Grundlegende Marketingtechniken wie die vier Ps anzuwenden, war ein guter erster Schritt. Die Verpackung für die Kommunikation nutzen, und die Marke der eigenen Qualitätsprodukte aufbauen, sie von der Konkurrenz abheben und regelmäßige Gespräche von Verbandsmitarbeitern mit den Händlern organisieren, also einen einfachen Vertriebsstab aufbauen. Selbst wenn der Verband nur eine dieser Ideen umsetzt, wird er davon profitieren.“

Was nimmst du selbst mit?

„Man muss wirklich aufgeschlossen und bereit sein, die eigenen Denkmuster zu ändern. Lass deine westliche Sicht nicht bestimmen, was du mitbringst. Und man muss geistig flexibel sein: gleichzeitig schnell UND langsam denken und Prioritäten setzen, denn in einer Woche Zeit kann man nicht unendlich viel schaffen. Die Mission hat mir persönlich großen Respekt für diesen Teil der Welt abgenötigt. Die Menschen sind unglaublich freundlich. Sie genießen das Leben. Und sie wollen und brauchen nicht so viel. Außerdem sind sie sehr zäh. Man besucht auch Teile des Landes, die Touristen nicht oft sehen. Die Landschaft und die Wildnis sind total atemberaubend.“

Ferenjee und Kevin de Bruyne

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Diese Reise war Thomas‘ erste nach Afrika. Auf die Frage nach einer Anekdote erzählt er mit breitem Grinsen: „In einigen Dörfern und Gemeinden, die ich besucht habe, war ich manchmal der erste Ausländer, den die Menschen zu Gesicht bekamen, besonders die Kinder. Wie man sieht, habe ich blonde Haare und sehr blasse Haut. Deshalb hörte ich oft, wie Leute bei meinem Anblick ‚Ferenjee!‘ (foreigner = Fremder) und ‚Kevin De Bruyne!‘, der belgische Fußballer, riefen.“